Im Juli 2019 unterstützen wir Herrn T. aus Serbien.

Die Familie des jungen Herrn T. kennen wir bereits seit 2015. Wir haben für die Mutter, die psychisch erkrankt ist, einen Abschiebestopp aus gesundheitlichen Gründen erreichen können. Dadurch konnte auch ihre Familie in Deutschland bleiben. Da Herr T. jedoch letztes Jahr volljährig geworden ist, sollte er ohne seine Familie nach Serbien abgeschoben werden. Auch dagegen haben wir zusammen mit euch gekämpft. Die bisherigen anwaltlichen Schritte und ein Verfahren vor der sächsischen Härtefallkommission waren leider erfolglos.

Obwohl auch bei Herrn T. eine psychische Erkrankung diagnostiziert wurde, scheiterte ein Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Leipzig. Die Reaktion der Richter*in auf das ärztliche Attest, das im Fall einer Abschiebung von “akuter Suizidalität” ausgeht, wollen wir euch nicht vorenthalten, trotz (oder gerade wegen) ihrer juristischen Ausdrucksweise:

“Der zuständigen Ausländerbehörde liegt eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung des behandelnden Arztes gemäß §60a Absatz 2c, d AufenthG vor. Danach leidet der Antragsteller unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Im Falle einer Rückführung nach Serbien sei von einem Zustand akuter Suizidgefahr auszugehen.
Dabei ist hier bereits das Vorliegen einer für §60a Absatz 2c AufenthG erforderlichen Krankheit fraglich, da nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung hindern sollen, was in Fällen posttraumatischer Belastungsstörungen regelmäßig nicht angenommen werden kann (BayVGH, Beschl. vom 31. Mai 2016 – 10 CE 16.838-, juris Rn. 10). (…)
Die ärztliche Bescheinigung erhält keinen dahingehenden Hinweis, ob und wie man einer Suizidalität im Falle einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung begegnen könnte. (…) [Selbst bei Annahme einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt] nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor, vielmehr ist die Abschiebung von der Ausländerbehörde dann ggf. so auszugestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann, z.B. durch ärztliche Begleitung von der Abholung an, auf dem Abschiebeflug bis zur Übergabe in ärztliche Betreuung im Zielstaat. (vgl. BayVGH, Beschl. vom 23. August 2016, 15.2784, Rn. 16). (…) Dadurch wird der vorgetragenen akuten Suizidalität hinreichend begegnet.”

Diese Begründung enthält unserer Ansicht nach zwei große Ungeheuerlichkeiten: Zum einen würde laut Gericht eine posttraumatische Belastungsstörung “regelmäßig” nicht zu Suizidalität führen, was die individuell (!) durch den Arzt (!) festgestellte Suizidalität unglaubwürdig machen soll.
Zum anderen könne man einer Selbstmordgefahr dadurch begegnen, dass man verhindere, der Betroffene würde sich noch im Flugzeug oder direkt bei der Ankunft umbringen. Was anschließend geschieht, liegt ja dann nicht mehr in der Verantwortung der deutschen Behörden bzw. produziert keine so hässlichen Schlagzeilen. Dass die “ärztliche Betreuung im Zielstaat” vermutlich nicht so üppig ausfällt in einem Land, in dem Herr T. keine Krankenversicherung hat und wo Roma vom Gesundheitssystem ausgeschlossen werden, kann man sich vorstellen.

Deshalb legen wir gegen die Entscheidung über diesen Eilantrag Berufung vor dem OVG ein. Es darf nicht sein, dass vor Gericht solche kafkaesken Argumentationsweisen unwidersprochen stehen bleiben!

Das Honorar der Anwältin dafür beträgt ca. 500€. Bitte helft uns dabei, diese Kosten zu stemmen. Ihr habt die Familie schon zweimal unterstützt – das zeigt auch, wie lange Menschen aus “Sicheren Herkunftsstaaten” kämpfen müssen, bis sie einigermaßen sicher sind. Die Klage mit Herrn T. ist auch eine Klage für die Qualität in den Gerichten!

Konto-Inhaberin: Peperoncini e.V.
IBAN: DE39 4306 0967 1191 3999 00
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Bleiberecht für Herrn T.