Für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transmenschen und andere ist die Lage in Tunesien gefährlich und mit vielen Repressionen verbunden: Homosexualität wird nicht nur gesellschaftlich geächtet, sie wird auch strafrechtlich verfolgt. Erst 2015 wurden Menschen dafür verurteilt. Aber auch die Auslegung der Religion macht es nahezu unmöglich, offen über Homosexualität zu sprechen. Folglich ist die eigene Community der einzige Austauschort und Anlaufpunkt. Diese wird jedoch durch die korrupte Polizei bedroht und verfolgt. Weil die Polizisten selbst die Täter sind und Homosexualität per Gesetz verboten ist, gibt es keine rechtliche oder politische Möglichkeit gegen solche Übergriffe vorzugehen.
Herr F. beschreibt sein Leben in Tunesien als ein permanentes Gefängnis: „Sometimes I think freedom is even more important than food. Being free is something you can not describe.“

In dieser Situation diskutiert die Bundesregierung, Tunesien und andere Maghrebstaaten als „sichere Herkunftsstaaten“ einzuordnen. In der Praxis wird dieses noch nicht beschlossene Gesetz teilweise schon umgesetzt: Es häufen sich in den letzten Wochen die negativen Bescheide. Wenn diese Praxis Gesetz wird, erhalten Geflüchtete aus dem Maghreb faktisch kein Asyl oder andere Schutzstati mehr, von einer Einzelfallentcheidung kann dann nicht mehr die Rede sein.

Beim Fluchtgrund Homosexualität kommt hinzu, dass von Asylsuchenden oft erwartet wird, ihre Fluchtgründe selbst zu beweisen oder zumindest äußerst detailliert zu beschreiben. Das kann bei einem so intimen Thema in einem Gespräch mit einer unbekannten Sachbearbeiter*in kaum erwartet werden und zu erniedrigenden Fragen führen.

Wir machen klar: Die Maghreb-Länder sind nicht sicher!

Homosexualität ist ein Asylgrund!

Herr. F. hat auch einige persönliche Zeilen, die er an euch richtet:

„خلقت طليقا كطيف النسيم
وحرا كنور الضحى في سماه“
Abou El kacem Al Chebbi

Tu es né libre comme l’ombre de la brise.
Et libre telle la lumière du matin dans le ciel .
L’aptitude à exercer ma propre volonté , être moi même, dire tout ce dont j’ai envie de dire, m’exprimer par tous les moyens n’était malheureusement pas possible dans mon pays .
Quitter la Tunisie pour rejoindre l’Allemagne en ayant beaucoup d’éspoir et en rêvant d’un futur meilleur n’a jamais été facile … Toute chose a un prix à payer mais après tout la sensation de la liberté vaut le coup.
J’espere que le monde entier pourra savourer la liberté comme je la savoure actuellement en Allemagne …“

Übersetzung von Herrn F.’s Nachricht an euch:
„خلقت طليقا كطيف النسيم
وحرا كنور الضحى في سماه“
Abou El kacem Al Chebbi

Du bist geboren frei wie der Schatten des Windes.
Und frei wie das Morgenlicht im Himmel.
Die Möglichkeit, meinen eigenen Wille zu leben und ich selbst zu sein, alles zu sagen was ich sagen möchte, mich auszudrucken durch alle Mittel war mir in meinem Land leider nicht gegeben.
Tunesien zu verlassen um nach Deutschland zu kommen, mit viel Hoffnung und dem Traum einer besseren Zukunft war nie einfach… alles hat seinen Preis, aber schließlich hat das Ganze sich für dieses Gefühl der Freiheit gelohnt.
Ich hoffe, die ganze Welt wird Freiheit spüren, wie ich sie derzeit in Deutschland genieße…“

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