Tunesien, ein Gefängnis unter freiem Himmel für Homosexuelle

Über seinen Fluchtgrund schreibt ein Betroffener:

„Wir werfen die Frage nach der Kriminalisierung von Homosexualität in einem Land auf, das sich damit rühmt, ein Beispiel für demokratischen Wandel in der arabischen Welt zu sein.

In Tunesien laufen Homosexuelle und Bisexuelle ständig Gefahr, hinter Gittern zu landen, da der Art. 230 des Strafgesetzbuches Homosexualität kriminalisiert.

Zwischen 60 und 70 Homosexuelle werden wohl jedes Jahr zu einer Haftstrafe von bis zu 3 Jahren verurteilt. Nicht nur dies, sondern auch das Verordnen eines Analtestes ähneln Folter. Beides greift die psychische und körperliche Unversehrtheit dieser Menschen an.

LGBT+ Menschen erleben in Tunesien heftige gesellschaftliche Ablehnung, ihre Rechte werden seit langem verletzt und ignoriert. Wir müssen versteckt leben, unsere Privatleben geheim halten. Wer seine/ihre* sexuelle Orientierung öffentlich macht, wird von der Familie vertrieben und aus der Gesellschaft ausgeschlossen.

Wenn man in Tunesien homosexuell ist, muss man zwei Gesichter haben. Du zeigst nicht, dass du anders bist, um dich nicht der Gewalt auszusetzen, bis hin zum Tod. Aber es gibt ein anderes Risiko, das genauso gefährlich ist: das Gesetz.

Dies zeigt das Beispiel von sechs Studenten, die wegen ihrer Homosexualität zu drei Jahren Haft und 5 Jahren Verbannung aus der Stadt Kairouan in Tunesien verurteilt wurden. Der Art. 230 StGB kriminalisiert „Sodomie“ und belegt sie mit dieser Strafe. Die Studenten wurden während ihres Verhörs einem Analtest ausgesetzt.

Beim Schreiben dieser Zeilen kommt der Schmerz über diese Situation wieder hoch. Ich habe Angst, in ein Land abgeschoben zu werden, in dem keine Hoffnung auf physische und intellektuelle Freiheit besteht. Ein Land, das mir Sicherheit und die Möglichkeit eines normalen Lebens verwehrt, ein Land, in dem ich Übergriffe erleben muss und permanent von meiner Familie und Bekannten unterdrückt werde.“